Tanzania 1
Die Grenzabfertigung von Malawi nach Tanzania am Songwe Grenzübergang ist recht zügig und unkompliziert, 100 US$ gehen für die Visa an den sehr freundlichen Immigration Beamten, für die Straßengebühren fallen 25 US$ an. Unverständlicherweise kann der Mann am Schalter nur für einen Monat den Gebührenbescheid ausstellen, sodass ich leider später in Daressalam noch wieder zu einem Amt muss, um die Verlängerung zu bezahlen. Die ebenfalls fällige Haftpflichtversicherung wird über einen „Agenten“ abgewickelt, von dessen Sorte schon einige am Grenzgebäude warten. Die Bezahlung geht zum Glück in US$, da wir noch keine tanzanischen Schillinge haben und es auch keinen Geldautomaten (ATM machine) gibt, dafür aber jede Menge Schwarztauscher, wobei wir da immer etwas unsicher sind, weil es offiziell nicht erlaubt ist und ein Polizist direkt um die nächste Ecke lauern kann. Wir machen es dann doch mit notwendigen längeren Kursverhandlungen. Das Verhandlungsziel macht den Tauscher nicht zufrieden, jedenfalls auf den ersten Eindruck. Dochn kurze Zeit später eilt er hinter unserem Auto hinterher, um noch mehr zu diesem Kurs zu tauschen („You need more Schillings, Tanzania is very expensive, you know!“). Außerdem gibt es SIM-Karten-Verkäufer, was uns ganz recht ist, um zu niedrigen Preisen online zu sein. Lediglich bei der Freischaltung stellt sich der Airtel Mensch etwas schussselig an und muss sich Hilfe bei der Konkurrenz von Vodafone holen. Die danach folgende erste Begrüßung im Lande wirkt direkt heimatlich (bis auf die chinesischen Zeichen ;-).
Die Ausfahrt zur Hauptstraße
geht unter einem Bogen hindurch mit der Aufschrift „Auf Wiedersehen am
Grenzübergang Songwe“, was uns etwas wundert. Kurze Zeit später verstehen wir:
ein Motorrad mit zwei Grenzmitarbeitern kommt hinter uns her gesaust, wir
werden gebeten, noch mal zurückzukommen. Aha! Man hatte vergessen, uns in eines
der in Afrika unvermeidlichen Bücher einzutragen (diese Bücher an allen
möglichen Kontrollstellen wundern mich schon seit Jahren, ich glaube nicht,
dass da jemals irgendjemand wieder reinschaut, aber die Bürokratie will ja
beschäftigt sein). Da es schon recht spät ist, steuern wir nun den ersten in I
Overlander ausgewiesenen Campingplatz an, die Zufahrt geht ohne Hinweis einfach
steil von der asphaltierten Straße ab und ist mal wieder Millimeterarbeit.
Die Ausstattung ist absolute Basis, selbst für afrikanische Verhältnisse, sodass wir ganz froh über die Möglichkeiten unseres Wagens sind. Entspannen können wir aber gut.
Am nächsten Tag steuern
wir Mbeya an, die große Stadt im Südwesten Tanzanias, wir wollen zum Supermarkt
und tanken, hoffentlich finden wir eine Tankstelle mit möglicher Kartenzahlung.
Wir kämpfen uns mit dem Laster durch den dichten Verkehr von Fahrrädern, Motorrädern,
Dreiradtaxis, Bussen, Lastern und Fußgängern, es heißt Nerven behalten, aber nach
einem Supermarkt suchen wir vergeblich. Dafür gibt es jede Variante von
Straßenrandläden, mit denen wir uns behelfen, das Angebot übersteigt unsere
Notwendigkeiten natürlich bei Weitem.
Das Tanken geht
vergleichsweise unkompliziert, nur für die Bedienung des Kartengeräts muss eine
Vorgesetzte geholt werden. Aber immerhin, die Tanks sind voll, auf geht´s auf
der Hauptstraße gen Daressalam. Zwar nimmt die Zahl von Motorrädern und
Dreiradtaxis mit Abstand von der Stadt deutlich ab, aber der LKW-Verkehr ist
beeindruckend, Privatwagen sehen wir kaum.
Wir sind zwischen diese
langsamen Laster gequetscht, eine Durchschnittgeschwindigkeit von 45 km/h wäre
schon ein Traum, es wird also eine lange Fahrt (Schild auf halber Strecke).
Unser Ziel für den
heutigen Abend ist der Ngwazi Sailing Club, nicht, dass wir das
Fortbewegungsmittel wechseln wollen, aber es soll dort einen Campingplatz
geben. Wir sind ja nur langsam vorangekommen und müssen noch relativ weit durchs
Gelände fahren, sodass es mal wieder dunkel wird. Wir stehen schließlich vor
dem verschlossenen Tor des Clubs, alles ist dunkel. Also hier draußen
übernachten? Nun, in Afrika geht eigentlich irgendwie immer was. Ich rufe und
pfeife mehrfach und tatsächlich –ein Wächter mit Taschenlampe taucht auf und
lässt uns nach einigen Verhandlungen hinein.
Der Platz am See ist sehr
gepflegt, es gibt zwar keinen ausgewiesenen Campingplatz, aber eine schöne
Wiese. Viel gesegelt scheint hier nicht zu werden, die gelagerten kleinen
Segelboote haben schon Patina angesetzt.
Der Wächter, ein Kollege
und wir sind auch am nächsten Morgen die einzigen Menschen hier, der Segelsport
muss, zumindest im Innern Tanzanias, wohl noch entwickelt werden.
Die weitere Fahrt geht
nun über einen steilen Bergpass, was zwischen all den Lastern kein Vergnügen
ist, da sie bergauf mit den Motoren an der Leistungsgrenze und bergab mit der
Motorbremse des ersten Ganges über Schrittgeschwindigkeit nicht hinauskommen.
Überholen ist auf der engen, sehr kurvigen Straße, noch dazu mit Linkssteuer
schon ein gewagtes Unterfangen.
Hier kann ich vielleicht
mal innehalten und eine Übersicht über die Teilnehmer im hiesigen Straßenverkehr
geben. Die Fahrräder habe ich ja bereits im Zambia- und Malawi-Kapitel
behandelt. Nun zu den anderen Gruppen:
1.
Die Lebensmüden:
Motorradfahrer chinesischer Einheits-125er und 150er, genannt „Boda-Bodas“, nicht
etwa Leute, die zum Spaß Motorrad fahren, sondern Taxifahrer, wobei schon mal 4
Leute auf so ein kleines Vehikel passen, oder Lastentransporteure, die ihrer
großen Konkurrenz kaum nachstehen.
2.
Die immer noch
irgendwie Dazwischenpassenden:
Fahrer nach indischem Vorbild gebauter Dreirad-Motorrad-Taxis, „Bajajis“ , aber
auch wie in Indien „Tuck-tucks“ genannt. Sie zeichnen sich durch völliges
Ignorieren von Verkehrsregeln aus, kommen von links, rechts, hinten und vorne
und biegen selbstverständlich Verkehrszeichen- und Ampel-unabhängig auf jede Straße
ein.
Allerdings muss ich ihnen zugutehalten, dass sie trotz des scheinbaren Chaos
sehr umsichtig fahren, ich traue mich später selbst, mit solchen Taxis
mitzufahren und bin immer noch unverletzt und am Leben.
3.
Die jederzeit
plötzlich Stoppenden:
Fahrer regionaler Kleinbusse, meist klapprige Toyotas älterer Bauart, immer
proppenvoll und oft noch auf dem Dach hoch beladen.
Menschen stehen eigentlich überall am Straßenrand, sodass dies kein Warnzeichen
sein kann. Die Kleinbusse halten nämlich abrupt auf meist unscheinbare
Handzeichen von Wartenden am Straßenrand, Bushaltestellen spielen keine Rolle.
Sie biegen auch recht selbstbewusst wieder in den Verkehr ein, sodass Abstand
halten das Gebot der Stunde ist. In der Hoffnung auf Überleben sind die Busse
meist mit religiösen Bildern oder Sprüchen bemalt.
4.
Die Wahnsinnigen
mit dem Recht des Stärkeren:
Fahrer der Fernbusse, für die Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht gelten.
Überholt wird buchstäblich immer, der Gegenverkehr muss halt sehen, wo er
bleibt. Da kann man nur beten, dass einem ein befahrbarer Seitenstreifen
bleibt.
Zermatschte Führerhäuser oder Unfallbilder wie das Folgende bleiben da nicht
aus.
5.
Die Überladenen
oder Untermotorisierten (je nach Sichtweise):
Fahrer schwerst beladener LKW´s füllen die Fernstraßen und benötigen Ruhe und
Geduld, da die Gefährte bereits bei geringen Steigungen auf Fahrradtempo
zurückfallen und in bergigen Gegenden mit Fußgängern konkurrieren. Als
Linksgesteuerter im Linksverkehr heißt es eben auch für mich: Ruhe und Geduld
oder „polepole“, wie man hier sagt.
Heutiges Ziel ist ein schöner, von einem Schweizer geführter Campingplatz ganz in der Nähe des Mikumi Nationalparks.
sowie viele Giraffen, Flusspferde und Vogelarten.
Über Nacht regnet es
anhaltend, sodass sich der eigentlich fest aussehende Campingplatz in einen
Morast verwandelt, in dem wir bis an die Achsen einsinken. Da heißt es
gemeinsam mit dem Schweizer schaufeln und sich dann mit Zughilfe durch einen
Geländewagen herauswürgen.
Dann geht es weiter im
gewohnten langsamen Tempo, wieder erreichen wir unser Ziel, Daressalam, nicht,
es geht teils an Grasfeuern am Straßenrand vorbei
und müssen bei
einbrechender Dunkelheit “Zuflucht“ auf einer Tankstelle suchen.
Kurze Zeit später sind
wir von anderen LKW´s umringt, die das Gleiche machen. Die Nacht ist laut, es
riecht nach Diesel und wir sind froh, als der Morgen kommt. Die LKW´s haben
sich schon aus dem Staub gemacht, einer der Tankwarte verlangt 5000 Schilling „Sicherheitsgebühr“.
Na gut, die umgerechnet 2 Euro 40 verschmerzen wir, wir waren ja offensichtlich
sicher.
Weiter geht´s, jetzt naht
die Millionen-Metropole Daressalam. Einige 10 km vor der Stadt geht die 2-spurige
Fernstraße auf einmal in eine geradezu luxuriöse Autobahn über.
Dies allerdings nur
vorübergehend, da sie nahtlos in das innerstädtische Straßengewimmel übergeht.
Wir wollen zum Fähranleger, da Birgit´s Heimflug vom Flughafen Daressalam
abgesagt wurde und sie nun von Zanzibar aus fliegen muss. Jetzt beginnt der
Kampf mit dem Navi: mehrfach nähern wir uns den am Kai gelegenen Büros der
Fährgesellschaften auf Sichtweite, nur um dann wieder durch
Einbahnstraßenregeln irgendwohin abgedrängt zu werden. Nach dem dritten Versuch
geben wir auf, parken irgendwo, und ich nehme das Angebot eines Passanten
dankbar an, mir den Weg zu den Büros zu zeigen. Wie ich lerne, gibt es
offensichtlich keine reine Freundlichkeit, hier ist nichts umsonst, und der
Mann verlangt für seine Hilfe ein stattliches Sümmchen. Im Büro erfahre ich,
das eine Fährüberfahrt mit unserem LKW dem Kauf eines Tickets nach Europa nahekommt,
sodass wir lieber über das Internet eine Passagierfähre buchen und erstmal am
modernen, futuristisch anmutenden, noch nicht in Betrieb genommenen Bahnhof
vorbei...
...und über eine riesige
Brücke in den Süden von Daressalam fahren,
wo wir Station auf einem
schönen Campingplatz einer Lodge machen, dort können wir auch den Wagen für die
Zeit auf Zanzibar sicher abstellen.
Der Strand ist schön, gar
nicht touristisch und von Einheimischen bevölkert, die Sand und Meer genießen.
Dazwischen liegen die Holzboote der hier lebenden Fischer.
Wir genießen Strand und
gutes Essen im Restaurant und lassen uns zwei Tage später mit dem Taxi zum
Fähranleger bringen, wo wir eine Katamaran-Fähre besteigen. Das Warten im
heißen Wartebereich im Menschengedränge möchte uns ein Mann verschönen, der uns
in eine (offensichtliche VIP-) Lounge führt, wieder mal natürlich nicht umsonst,
aber die Bakschisch-Forderung kommt erst später auf dem Weg zur Fähre.
Die Überfahrt dauert
knapp zwei Stunden, man sieht schön die Skyline von Daressalam, historische
Fischerboote
und dann Zanzibar! (Da
muss ich an Achim Reichel´s Song „Aloha Heja He“ denken: „wenn du mich fragst,
wo´s am schönsten war, sag ich Zanzibar“.)
Das Entladen der Fähre würde deutsche Arbeitsschützer das Gruseln lehren!
Mit dem Taxi geht es
durch das Gewimmel von Stone Town über die sehr grüne Insel
an die Ostküste zur
schönen Z-Lodge, wo wir für einen Last-Minute-Spottpreis ein luxuriöses Zimmer
bekommen haben.
Das Restaurant steht auf
Stelzen über dem Wasser, der Strand ist Reisekatalog-gemäß traumhaft und leer,
nur ist das Wasser leider so flach, dass man nur bei Hochwasser baden kann,
sonst muss man weit über unangenehm steiniges Gelände zum Wasser laufen.
Wir lassen uns jedenfalls
ein paar Tage mit Pool, leckerem Essen und schönem Wetter verwöhnen.
Dann wartet Birgit´s Flug
nach Hause, die Arbeit ruft (es kann ja nicht jeder Rentner sein ;-).
Ich begleite sie im Taxi
zum Flughafen und lasse mich dann zum Hafen bringen, zurück geht es nach
Daressalam. Im Hafen Daressalams hatte ich mich mit dem netten Taxifahrer der
Hinfahrt namens Donald verabredet (heute mit Whattsapp kein Problem), finde ihn
im Gedränge der vielen Einheimischen, die mir irgendwas aufdrängen wollen,
zunächst nicht. Ich erwehre mich mit ständigem, lauter werdenden „no, thank you!“,
auch dem Ruf „Donuts“ gegenüber, Appetit habe ich in der Hitze sowieso nicht,
nur um kräftig auf die Schulter geklopft zu werden, da die „Donuts“ mein Taxifahrer
„Donald“ waren! Er bringt mich lächelnd wieder zum Campingplatz, wo ich unser
Auto unversehrt vorfinde, erstmals auch andere Overlander, ein Paar aus
Südafrika.
Nun geht es erstmal
allein weiter Richtung Norden, das nächste Ziel ruft!
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